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Kritik des Mannheimer Morgen vom 29.10.2001
zur Premiere des Kleinen Horrorladen vom 27.10.2001



Durch die Blume gesungen

Musical: „Little Shop of Horrors“ in der Feuerwache

Von Mike Seifert

 

Das Stück beginnt noch vor dem Anfang: Während die Gäste in der ausverkauften Feuerwache ihre Plätze suchen, torkeln zwei Penner (Martin Keller, Achim Roßberg) durch die Halle, halten bettelnd die Hand vor einen Besucher, hantieren mit Zigarettenkippen und einer Schnapsflasche. „Little Shop of Horrors“ spielt in der Skid Row, einem Slum-Viertel. Nicht gerade der beste Ort für einen Blumenladen, Mr. Mushnik (Thomas O. Kuhnle) steht kurz vorm Ruin. Das ändert sich, als Hobby-Botaniker Seymour (Torsten Kudjer) eine seltsame Pflanze ins Schaufenster stellt, die er nach seiner Kollegin (Birgit Gärtner) Audrey II genannt hat. Das exotische Gewächs kurbelt das Geschäft an, bringt Seymour jedoch an den Rand der Anämie: Es ernährt sich von Blut.

„Little Shop of Horrors“ wurde 1960 vom B-Movie-König Roger Corman aufgrund einer Wette und fast ohne Budget in nur zweieinhalb Tagen gedreht. Erst 22 Jahre später entstand aus dem Stoff ein Broadway Musical, das „Muppets“ – Regisseur Frank Oz 1986 mit großem Komiker-Staraufgebot verfilmte. Peter Mendelsohn von der Musicalgesellschaft Mannheim entfernt sich in seiner schwungvollen Inszenierung nicht sehr weit von den Vorlagen, reichert das Stück aber mit ein paar köstlichen eigenen Zutaten an.

Das Freizeit-Ensemble gibt eine sehr ordentliche Leistung und bringt damit seine bisher beste Produktion auf die Bühne. Wenn Audrey II langsam zur Größe eines Elefanten heranwächst und Andreas Siebig als ihre gruftige Stimme aus dem Off „Fütter mich!“ schnaubt, dann sind Lacher garantiert. Drei hübsche Soulgirls (Tanja Zillinger, Katrin Kreimes, Melanie Haag) mit blendendem Gesang setzen inmitten all der Blütenpracht auf der Bühne noch weitere Farbtupfer, der knallbunte Spaß wird hinterm Vorhang von einer fünfköpfigen Live-Band knackig instrumentiert.

Stimmlich sehr gut interpretierte Songs quer zeigen Professionalität – fast alle Darsteller sind in Bands oder Orchestern; beim Tanz hätte man noch etwas rausholen können. In seinen Szenen die Bühne beherrschend: Markus Beisel als sadistischer Zahnarzt Orin und in diversen weiteren Rollen, auch mal im Kleid. Beisel, neuerdings auch Mitglied bei der Travestiegruppe Viktor/Viktoria, füllt den Raum mit Energie und hat große Momente.

Das fleißig beklatschte Stück ist konsequent bis zum Schluss: Es gibt fürs Ensemble nicht Blumen, sondern fleischfressende Pflanzen. Die stammen aus dem „Magischen Garten“ von Shin-En-Sänger Brian Posch, der an einem Stand neben der berühmten Venus Fliegenfalle diverse Insektivoren bereithält und Infoblätter verteilt. Daneben hat´s Audrey II T-Shirts mit dem Spruch: „Feed Me!“ Leider in weiß. Da sieht man doch Blut viel zu deutlich.